Doch plötzlich hörte Reni ein Geräusch.

Oh je, nun bekam sie es mit der Angst zu tun. Ob die mutige Giesi das auch gehört hatte?

Es war ein leises Scharren, oder auch Kratzen. Und es war in ihrer Nähe. Reni zog vorsichtig

ihre Decke über den Kopf. Nein, sie wollte nichts sehen und nichts hören. Dann wurde es wieder still.

Doch Reni war ein neugieriges Kind und lugte ganz behutsam unter der Decke hervor.

Was war das denn??? Ein Vogel? Aber wie sollte ein Vogel hierher kommen?!

Leise kroch Reni nun ganz unter ihrer dünnen kratzigen Decke hervor. Das Tier lag dicht neben

ihren Füßen. Zum Glück lugte der Mond ein wenig hervor und warf sein fahles Licht durch die ein

wenig blinden Fensterscheiben.

'Hoffentlich ist der arme Vogel nicht tot!‘ dachte Reni voller Mitleid.

Auf einmal sah sie, dass sie nicht die Einzige war, die nicht schlief. Auch Giesi musste dieses

Scharren gehört haben, denn sie krabbelte über all die anderen Kinder um zu Reni zu gelangen.

„Was ist das?“, flüsterte Giesi Reni zu.

„Ich weiß es nicht, aber vielleicht ist es tot!“ antwortete Reni ganz leise. Giesi reckte sich kurz,

krabbelte vorsichtig zum Fußende von Renis Matratze und strich diesem „Etwas“

ganz zart mit ihrem Zeigefinger über den Körper.

„Oh, der Vogel hat gar keine Federn, er ist nackt!“ stotterte vor Aufregung die kleine Giesi.

Und als dann dieser Vogel ohne Federn sich noch anfing zu bewegen, da war es um die beiden

Mädchen geschehen. Vor Schreck kreischten sie kurz auf. Dieses Kreischen blieb natürlich

nicht ungehört. Und es dauerte nicht lange, da saßen alle Mädchen, eingehüllt in ihre Decken rundherum

um dieses „Etwas“. Dieses Etwas bewegte sich immer mehr und plötzlich jaulte es.





„Was ist das?“ frage Heika mit vor Aufregung heiserer Stimme.

„Ein Vogel ohne Federn.“ antwortete Giesi darauf leise.

„Is bün doch kein Vogel, waß denkt Ihr von mich!“ hörten die Mädchen es lispeln.

Wer war das denn?

Keines der Mädchen lispelte und diese Stimme war ihnen unbekannt!

Die Kinder starrten umher, doch dann fokussierten sie ihren Blick auf dieses „Etwas“.

„Jo, saut mir nich so an, is bün es doch nur!“ lispelte dieser Vogel, der kein Vogel war.

Als erstes erholte sich Giesi von diesem Schreck.

„Du kannst sprechen wie wir? Was bist Du denn, wenn Du kein Vogel bist?

Woher kommst Du eigentlich? Was tust Du hier? Warum bi…?“

„Sssstop, nisst so snell. Und außerdem darf is niss mit andere reden, so!“ zischelte dieses „Etwas“ und verstummte.

Naja, wenn es nicht mit anderen reden darf?! Aber die Kinder waren nun erst recht

sehr neugierig geworden und wollten Antworten. Alle sprachen durcheinander, jeder wollte wissen,

wer oder was dieses kleine federlose Geschöpf war. Da griff Jeany ein mit einem etwas lauterem: „Ruhe!“

Und das klappte tatsächlich, es wurde mucks Mäuschen still im Schlafsaal.

Jeany rutschte ein wenig näher heran und fragte leise:

„Wer bist Du denn, Du Kleiner?“

„Thaliog“ knurrte das unbekannte Wesen.

„Und was bist Du?“ hakte Amelie sofort nach.

„ Na, 'n Drache, ssiehste das niss!“ schnaubte Thaliog verächtlich.

„Ein WAS?“ glaubte sich die kleine freche Petra mit ihren langen roten Haaren verhört zu haben.

„‘N DRACHE!“ wiederholte Thaliog, nun um einiges lauter.

„Pssst! Nicht so laut!“ bat Hermine, die keinen Ärger wollte.

„Is bün ‚n DRACHE und heiße Thaliog!“ sprach der kleine Drachen noch einmal mit reduzierter Lautstärke.

„Aber wie kommst Du hierher?“ wollte nun Giesi wissen. Die anderen Mädchen nickten zustimmend.

„Is hab mir verfliegt, bin weiter weg von zu Hause als is durfte! Bin in

Baum gefliegt, mein Flügel sein kaputt!“ erzählte nun endlich der kleine Dachen.

„Oh, Thaliog, Du weinst ja!“ stellte die kleine Wally mitleidig fest. Es war nicht zu

übersehen, dass die großen Augen von Thaliog schwammen, nun tropften sogar die ersten Tränen herunter.

„Is will niss weinen, mich tut aber der Flügel weh. Und is will nach Hause!“ weinte nun der kleine

Drache und schniefte, was das Zeug hält. Ratlos schauten sich die Kinder an. Wie sollten sie Thaliog helfen können?...




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