Endlich kamen sie an der Kuppel an, aus der Nähe war sie noch schöner als
aus der Ferne. Die Rauten sahen Schuppen ähnlich, die so wunderschön glänzten,
dass die Mädchen geblendet stehenblieben. Ganz vorsichtig schob Wally ihr
Händchen vor und strich ganz sachte über so eine Schuppe.
„Was machst Du da?“, piepste Minihops das Kind an. Und als Wally erschrocken
zurückfuhr, da schüttete sich das Elfienchen aus vor Lachen. Es fand es
witzig, denn es konnte sich kaum zügeln. Auf einmal hörten alle ein tiefes Grollen.
Dieses Grollen war so intensiv, dass sogar die Erde zu erzittern begann.
„Oh je!“ seufze nun Minihops „Es war doch zu spät…“
Das Zittern der Erde schien sie jedoch keineswegs zu beunruhigen. Das Grollen
schien ihr jedoch etwas zu sagen. Schnell flog Minihops auf den Eingang der Kuppel
zu und verblieb wartend davor in der Luft, mit den kleinen zarten Flügelchen flatternd.
Da schwenkte auch schon die riesige Tür auf und das Grollen wurde noch lauter.
„LOOORE!“ brüllte es aus der Tür in einer Bassstimme, wie sie die Mädchen noch nie gehört hatten.
„Jaja, es ist alles in Ordnung!“, fiepte das dünne Stimmchen von Lore.
„WO IST MEIN JUNGE?“ grollte es schon wieder. In dem Moment schrien die Kinder auf,
denn eine riesengroße grünschillernde Schnauze mit zwei gigantischen Zähnen schaute
nun zu dem Tor heraus. Immer mehr schob sich die Schnauze hervor. Über den gelben Augen
saßen zwei ein wenig nach außen gebogene Hörner. Aus den dunklen ovalen Nüstern kringelten
Rauchwölkchen gen Himmel. Nun kam bedächtig ein riesiger Fuß zutage, aus dem vier gebogene
spitze Krallen herauswuchsen. Den Kindern blieb der Mund vor Erstaunen offen stehen. So
ein riesiges Geschöpf hatte noch keines von ihnen gesehen! Nun war das Wesen gänzlich aus
der Kuppel getreten. Es breitete zwei riesige Flügel auseinander, welche es vorher über dem
Rücken zusammengefaltet hatte. Ein langer ebenso grün schillernder Schwanz peitschte nun
auf den Boden. Keines der Kinder getraute sich ein Wort zu sagen, sogar Thaliog hielt ganz still.
„Ich kann alles erklären, Goliath!“ piepste nun wieder das Elfienchen. Doch das Geschöpf
überhörte Lores Worte und grollte schon wieder:
„Wo ist mein Junge abgeblieben? Du solltest doch auf Thaliog aufpassen!“
Aha, jetzt ergab alles einen Sinn für die Waisenkinder. Thaliog hatte eine Mutter,
die Goliath hieß. Und diese Mutter vermisste ihren Nachwuchs. Wie klein Thaliog
doch im Verhältnis zu seiner Mutter war.
„Hier is bin“ lispelte es ganz leise aus dem Beutel. Doch die Drachenmutter schien es
genau gehört zu haben. Und als sie ihren Blick in die Richtung lenkte, aus der die Stimme
ihres Sohnes kam, sah sie erst die Kinder.
„Was soll das?“, grollte sie nun etwas leiser und blickte wieder
Minihops an. „Was hast Du wieder angerichtet?“
„Lass es Dir erklären, Goliath. Thaliog ist auch nichts passiert. Er ist
ausgerissen und zu den Erdlingen geflogen. Die Kinder haben ihn gefunden und
ihn betreut“, verharmloste das Elfienchen das Geschehene.
„Was heißt hier, die Erdlingskinder haben ihn betreut? Du warst dafür verantwortlich,
dass Thaliog nicht wieder ausreißt!“ knurrte Goliath. „Wo ist er eigentlich, komm her zu mir, aber schnell!“
Da legte Hermine den Bezug auf den Boden und knüpfte den Kissenzug auf. Ängstlich kam Thaliog
herausgekrochen und schielte auf seine Mama. Und dann lief er schwerfällig auf seinen Beinen
mit verbundenem Flügel auf seine Mutter zu. Nun sah ihn auch Goliath und erschrak sichtlich.
„Was ist mir Dir passiert?“ fragte sie mit ihrer tiefen Bassstimme, aber doch wesentlich zärtlicher.
„Wer hat Dir das angetan? Diese Erdlinge? Ich habe Dir stets gesagt, dass…!“
„NEIN!“, wurde nun auch Thaliog etwas lauter. „Is war das, is hab mir verfliegt,
da is mein Flügel putt gangen. Die Erdlinge haben mis gehelft, mein Flügel verbindet“ Stolz
stellte sich der kleine Drachen nun vor die Mädchen. „Sie sein meine Freunde!“ erklärte
er energisch und lief nun weiter auf Goliath zu.
Bei ihr angekommen, neigte die Drachenmutter ihren großen gehörnten Kopf weit
nach unten bis sie zu Thaliog reichte. Eine lange gespaltene Zunge schlängelte
sich aus dem Maul zwischen den beiden Zähnen hervor und fuhr über den kleinen Drachen.
Der weinte nun, wahrscheinlich froh, endlich wieder bei seiner Mami zu sein und sprach:
„Is niss mehr wollen weg, is nun immer artiss. Mami, iss hab dis lieb!“ Dann legte er
seinen noch heilen Flügel um die Nase seiner Mama und hielt sie gaaanz dolle fest...
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