Aber auch die Bewohner des Phantasie-Landes waren neugierig. Sie
wollten alles über das Leben der Menschlinge auf der Erde wissen.
Und so erzählten dann die Mädchen alles was sie vom Leben auf der
Erde wussten. Das war nicht allzu viel, denn sie kamen ja nicht viel herum.
Ihre Mama Syt war zwar bemüht, ihnen ein schönes Leben zu ermöglichen,
aber dennoch waren sie alle so ziemlich auf sich gestellt.
So erzählte Reni von ihren Tränen im Waisenhaus, weil ihr Onkel, der
einzige Verwandte der ihr noch geblieben war, sie ins Waisenhaus gebracht
hatte. Er wollte in der Welt versuchen sein Glück zu machen aber Reni hätte
es gereicht bei ihrem Onkel bleiben zu können. Es wurde auch über den Schnee
erzählt, auf den die Mädchen jedes Jahr freudig warteten, denn da ging die
Rodelei auf alten Pfannen und Töpfen los. Das machte immer Spaß. Auch von den
besonders im Winter geliebten allabendlichen Märchenstunden rund um den Kamin
herum ließen die Mädchen nicht außer Acht. Und dann kam die Rede plötzlich auf
Weihnachten. Ja, Weihnachten war für alle Kinder ein besonderer Tag. Alle saßen
zusammen und sangen wunderschöne Weihnachtslieder, meistens waren auch Tante
Natee und Onkel Clemens mit dabei, die beiden alten Menschen, die alleine waren
und die Kinder lieb hatten. Und gerade Clemens konnte so gut Weihnachtsgeschichten
erzählen, dass sie alle mit offenen Mündern da saßen und lauschten. Auf den
Weihnachtsbaum freuten sich die Kinder aber am allermeisten. Schon vorher wurden
aus Papieren bunte Sterne geschnitten, aus Stoffresten Schleifen gewunden. Und am
Morgen des Heiligen Abends durften die Kinder den Baum zusammen mit ihrer Mami Syt
schmücken. Dabei ging es lustig daher. Mama Syt hob manchmal das eine oder
andere Kind hoch, um an die oberen Zweige etwas anhängen zu können.
Und dann fiel Giesi noch ein: „Und dann kam ganz oben auf die Spitze des
Weihnachtsbaumes ein goldener Stern. Den verwahrt Mama Syt immer in ihrem
Büro, damit er auch heil bleibt. Wir haben ganz viel Spaß dabei. Ganz zum
Schluss macht unsere Mama Syt Kerzen auf den Baum, die werden aber
nur von ihr angezündet und wieder ausgepustet.“
„Ich durfte schon mal eine Kerze auspusten“, erinnerte sich Trudi. Noch
heute konnte sie sich daran erinnern und diese Erinnerung war eine der Schönsten.
Die Elfen, Zwerge, Bibis und anderen Wesen hörten interessiert zu. Trixi erinnerte
sich, dass im letzten Jahr jedes der Mädchen einen großen roten Apfel bekommen hatte.
„Und Nüsse“, rief eifrig Jutta dazwischen. „Wir haben alle Nüsse bekommen!“
Ja, Mama Syt ging in der Adventszeit von Haus zu Haus und erbettelte sich Gaben
und Geld für die Waisen. Und alles was sie da bekam, wurde am Heiligen Abend an die
Kinder verteilt. So war Weihnachten fast der einzige Tag im Jahr, an dem es Süßigkeiten gab.
„Mein Bonbon war weg!“, erinnerte sich Bärchen noch heute. Am Abend nahm sie ihn aus
ihrem Mund, wickelte ihn wieder in das Papier und legte ihn neben ihre Matratze. Am
nächsten Morgen jedoch war der Bonbon weg. Mama Syt vermutete, dass ihn eine Maus
stibitzt hatte, denn davon gab es im Waisenhaus genug. Und dann kam das Gespräch
auf die Puppen, die ja immer zu wenige waren. So mutmaßten die Kinder, wer in diesem
Jahr eine bekommt und wer nicht. Natürlich kamen erst mal die dran, die noch nie
eine bekamen. Aber Enttäuschungen waren schon vorprogrammiert. Allerdings waren die
Mädchen untereinander auch so lieb und herzlich, dass sie ihre Puppen auch gern ab
und zu einmal verliehen für die eine oder andere Nacht. Besonders wenn eines der
Mädchen krank war oder nachts weinte. Und sie beschrieben ihre Puppen als das schönste
und herrlichste Spielzeug auf Erden, obwohl es doch nur aus Lumpen genäht war. Aber
das war den Mädchen egal, die liebten ihre Puppen und weinten um sie, wenn eine einmal
eines ihrer Knopfaugen verloren hatte. Als dann ihre Tante Natee wieder einmal ins
Waisenhaus kam, da wurde dann das Auge wieder angenäht und die Freude war groß. Natee wusste
das schon im Voraus, denn sie brachte bei jedem Besuch im Waisenhaus etwas Nähgarn und eine Nadel
mit. Und dann blieb sie meist von morgens bis abends dort, denn in ihrem Zimmerchen zu Hause
war sie allein. So erging es auch Clemens, der oft für die Kinder etwas reparierte...
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