Oh, das war so interessant, dass alle ihre Ohren und Öhrchen

aufsperrten. Also war Weihnachten auf Erden ein schönes Fest,

aber auch ein wenig mit Traurigkeit verbunden.

Die ganzen Zwerge, Drachen, Elfienchen, Elfen und Feen wussten

zwar einiges von den Menschlingen, aber diese Komplexität menschlicher

Gefühle war ihnen fremd. Sie brauchten auf nichts verzichten hier

in ihrer Phantasie- Welt. Hier konnten Probleme anders gelöst werden.

Jedenfalls hing in dieser Welt kein Glück von mangelndem Geld ab. Während

alle darüber sinnierten, hörten sie plötzlich aus der Ferne ein Rufen. Aus

der Richtung, aus der dieses Geschrei kam, sahen alle etwas in der Luft flattern.

Erst als es näher kam, erkannten die Mädchen, dass es ihr kleiner Freund

Thaliog war. Ganz aufgeregt kam er herangeflogen und schrie aus Leibeskräften:

„Maaaamiiiii, dasss Ei! Dasss Ei geht putt!“

Erschrocken und entsetzt hob Goliath ihren

schweren Kopf hoch und schaute ihren Sohn zwingend an.

„Bist Du sicher? Du hast mich schon einmal hereingelegt!“

„Aber ja, Mami. Is hab desehen, Ei iss putt. Risse im Ei!“ lispelte

Thaliog und schlug aufgeregt mit den Flügeln. Kaum war er fertig,

da klappte Goliath ihre Flügel auf, die riesig waren. Einmal, zweimal

geschlagen und schon erhob sich der riesige Drachen hoch in die Luft

und schoss im Eiltempo auf den Wald zu, in dem auf einer Lichtung die

Kuppel stand, in der der Drachen zu Hause war. Alle bis auf die Bibis

stoben los, die Elfen flogen voran, und die Mädchen rannten hinterher.

Hermine sah beim Loslaufen auf dem Boden den noch immer keuchenden

Thaliog. Sie bückte sich, klemmte ihn kurzerhand unter ihren Arm und lief

den anderen Mädchen hinterher. Nur das Nordlicht war nicht dabei, aber es

war plötzlich verschwunden und keines der Kinder hatte gesehen, wohin es

gegangen ist. Die kleine Hermine konnte noch nicht so schnell laufen wie

die anderen Kinder, deshalb blieb sie ein wenig zurück. Giesi, die stets

besonnene bemerkte es und ließ sich auch etwas zurückfallen, nahm Hermine

kurzerhand ihre „Last“ unterm Arm heraus und trug nun Thaliog selbst mit.

Der kleine Kerl war noch immer so von diesem schnellen Rückflug

erschöpft, dass er immer noch ein wenig japste.

„Ihr ssein lieb zu mich!“ keuchte er den beiden Mädchen zu.





Als die drei endlich die Drachenkuppel erreicht hatten, sahen sie, dass

sich noch niemand hineingewagt hat. Die Tür war zu und alle standen davor

und warteten darauf, dass Goliath endlich aufmache. Von drinnen hörte man

nur ein Vibrieren und Knacken. Goliaths Stimme war zu vernehmen, sie sprach mit

jemandem, aber was sie sagte, konnte keiner verstehen. Auf jeden Fall schien sie

immer hin und her zu laufen, das konnte man an dem Vibrieren des Bodens ausmachen.

Nun kam noch ein Schnauben von Goliath hinzu, dass den Mädchen Angst machte.

„Mami?“ wimmerte nun Thaliog. „Mass auf, iss son deslüpft? Sag dos

wass!“ forderte er nun seine Mutter auf.

Doch statt einer Antwort wurde das Schnauben und Sprechen Goliaths in

der Kuppel immer lauter. Sie musste auf irgendetwas einreden, aber

wahrscheinlich ohne Erfolg. Dann hörte man sie laut fluchen und nun folgte

ein Hacken und Kratzen. Dann war plötzlich alles still. Auch draußen vor der

Kuppel senkte sich eine Stille über die Wartenden. Alle machten sich Sorgen,

doch keiner sprach auch nur ein Wort. Selbst Thaliog verhielt sich ganz still.

Irgendetwas musste da drinnen passiert sein. Aber was?

Mitten in diese lähmende Stille ergoss sich ein Entsetzensschrei von drinnen nach draußen.

So hatte noch niemand Goliath gehört. Sie muss etwas Schreckliches da drinnen

erlebt haben. Und nun wurde aus dem Schrei ein Jammern und Weinen. Es klang so

herzerweichend, dass sich alle fragend und unheilerwartend anblickten. Noch immer

sagte keiner ein Wort. Alle waren gespannt, was es da drin in der Kuppel gegeben

hatte. Wann gedachte denn Goliath endlich herauszukommen?

War ihr Junges vielleicht nicht gesund?

Naja, es war ja nur das regenbogenfarbene Ei da drin, was irgendwann mal vor

der Kuppel ausgesetzt wurde. Die Legenden besagten, dass aus solchen Eiern immer

etwas Besonderes schlüpfe. Aber noch nie zuvor hatte es ein weiteres Regenbogenei

gegeben. Keiner konnte sich daran erinnern. Da plötzlich sprang die Tür auf und

Goliath stand in ihrer ganzen Größe in der Tür. Sie hatte nicht mehr ihr

freundlich schimmerndes Grün, sondern ihre Schuppen waren dunkelgrün geworden.

War das Entsetzen so groß?

Was war nur aus dem Ei geschlüpft???