Die Kinder sahen stumm auf Goliath, die Phantasielandbewohner
erwartungsvoll. Grollend ging der große Drachen beiseite und machte
damit den Eingang frei. Und sofort drängelten sich alle, die vor der
riesigen Tür versammelt waren durch diese und stürmten in den hintersten
Bereich. Die Neugier war gewaltig, denn im Regenbogenei sollte ja etwas
ganz besonders sein. Vor dem Nest angekommen, sahen sie erst einmal nur
die zerbrochenen Schalen verstreut liegen. Doch hinter einem größeren Stück
Eierschale lugte etwas Rotes hervor. In dem Moment reckte sich Goliaths
langer Hals über die Umstehenden, schob ihr großes Maul hinter eben
diese Schale, packte zu und hob etwas rotes Zappelndes empor.
„Oh!“ hauchten die Kinder. „Ein Großvater!“
Doch in diesem Moment schrie dieses zappelnde Etwas.
„Aua, was soll das? Lass mich runter!“ Und prompt machte Goliath
ihr Maul auf! Da saß ein alter Mann mit einem wallenden schneeweißen
Bart auf dem Boden und rieb sich die Seiten. Das hatte wohl wehgetan.
Die Kinder mussten kichern, denn noch nie hatten sie einen so alten Mann
in einem knallig roten Anzug gesehen und dazu noch mit einer roten Zipfelmütze
auf dem weißen ein wenig gelockten Haar. Der untere Rand seiner Jacke hatte
einen weißen Pelzbesatz und an der roten Zipfelmütze hing eine ebenso weiße
Bommel daran. So etwas hatten die Kinder noch nie gesehen, aber Goliath, die
Elfen und Elfienchen augenscheinlich auch nicht. Denn sie schauten alle hilflos
auf diesen Opa mit dem ulkigen Anzug. Der rappelte sich endlich auf, rieb sich
noch einmal mit schmerzverzerrtem Gesicht sein Hinterteil und schaute sich nun auch um.
„Wo bin ich hier, wer seid ihr alle? Und was mache ich hier?“ blubberte er auch schon los.
Goliath wollte gerade etwas nicht gerade Feines sagen, da fiel ihr das Nordlicht ins Wort.
„Erst einmal Willkommen in unserem Traum- und Phantasieland. Du bist soeben aus diesem
Ei geschlüpft, auf dich wartet eine besondere Aufgabe. Aber welche das ist, das kann
ich Dir noch nicht sagen. Dein Ei wurde in die Obhut unserer Goliath gegeben, also ist sie
die Einzige, die dir wird sagen können, wer du bist und was deine Aufgaben sein werden.“
Trixi, die nahe den Eierschalen stand, bemerkte auf einmal zwischen ihnen etwas,
bückte sich und zog einen riesengroßen Sack hervor.
„Du hast was verloren!“ wisperte sie zaghaft und reichte den Sack dem alten Mann.
Dieser sah verwundert auf den Sack, nahm ihn aber an und legte ihn sich über die Schulter.
„Na, dann komm erst einmal mit!“ knurrte enttäuscht vom Inhalt des Ei's der große Drachen.
Insgeheim hatte Goliath wohl doch mit einem Wesen ihrer Art gerechnet, jedenfalls
konnte sie ihre Enttäuschung nicht gänzlich verbergen.
Und so zog diese Schar wieder zurück ins Dorf, wo sie bisher gesessen und sich
unterhalten hatten. Der rotgekleidete Opa blieb immer wieder stehen und staunte, aber
für ihn war ja noch alles unbekannt. In der Dorfmitte angekommen, hatten die Bibis schon
wieder für Nachschub gesorgt. Am beherztesten griff der alte Mann zu, es war unglaublich,
was der alles essen konnte. Und dann wurde wieder gemeinsam gelacht und geredet, man wollte
sich eben gegenseitig kennenlernen. Nur Goliath saß still etwas abseits und grübelte vor
sich hin. Und es sah aus, als täte sich sehr angestrengt nachdenken. Das war ja auch kein
Wunder, lag es doch an ihr, den alten Mann seiner Bestimmung zu zuführen. Während dessen
erzählten die Mädchen gerade wieder von ihrer Freude, die sie in sich fühlten, weil doch
morgen der Heilige Abend war und sie dann bestimmt wieder ein rotes Äpfelchen und ein paar
Nüsse bekommen würden. Und ein paar wenige Mädchen würden vielleicht eine Puppe erhalten.
Die Stimmung wurde nun wieder etwas trauriger, aber sofort sprangen die Rollibollis wieder
auf die Schöße und machten so komische Bewegungen, dass das Lachen den Trübsinn verscheuchte.
Nun kam wieder das Nordlicht mit seinem klaren hellen Schein heran und mahnte zum Aufbruch.
„Liebe Mädchen, es wird Zeit, dass Ihr wieder zurück auf die Erde geht. Es war sehr schön mit
euch, aber ihr könnt hier nicht bleiben. Und eure Mama Syt würde sehr traurig sein, wenn sie
euch nicht in euren Betten findet. Verabschiedet Euch nun von allen und macht euch fertig!“
Traurig schauten sich die Kinder um, es war doch so schön hier. Die kleine Hermine weinte nun
sogar, aber auch die Äugelein der anderen Kinder waren verdächtig feucht.
„Dürfen wir die behalten?“ fragte mit zittrigem Stimmchen Wally und hob ihren Rollibolli hoch...
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